Institut für gute Mütter - Jessamine Chan

Ich schreib ungern echte Verrisse, versuche mich auch bei fehlender Begeisterung möglichst respektvoll auszudrücken, bei aller Kritik immer auch positives zu erwähnen. Das wird in diesem Fall schwierig, denn im „Institut für gute Mütter“ von Jessamine Chan passte für mich leider so gar nichts. Vorweg möchte ich betonen, dass ich nur bis Seite 70 gelesen habe, mein Eindruck sich also auf diesen Teil bezieht.

Bereits auf den ersten Seiten wird uns eine Protagonistin vorgestellt, die wirklich alle Klischees der überforderten Mutter erfüllt. Frida ist alleinerziehend und berufstätig, was sich - natürlich - nicht vereinbaren lässt, hat deswegen ein ungepflegtes Äußeres und ihre 1jährige Tochter Harriet quasi aus Versehen über zwei Stunden alleine gelassen, weshalb das Jugendamt jetzt auf der Matte steht. Gust, ihr (Ex-)Ehemann, ließ sich während der Schwangerschaft seiner Frau lieber eine Torte vom Genital lecken, und zwar von der mit 28 Jahren deutlich jüngeren Susanna, hier zu meinem Befremden nur „Mädchen“ genannt. Susanna schreibt Frida jetzt ständig Textnachrichten mit haarsträubenden Erziehungstipps während sie lustig Fotos der halbnackten Harriet bei Instagram hochlädt. Das findet Frida doof, kann aber nix machen, weil sie ja als Mama nicht mitzureden hat. *io*

Alle Figuren werden en détail beschrieben, verhalten sich aufgesetzt bis überzogen und führen seltsam hölzerne Dialoge. Ich muss bei weitem nicht alles befürworten oder verstehen, was eine Roman-Figur tut, wenn aber die Basis fehlt, ein einfaches Grundverständnis für die Thematik bzw. Problematik, wird es schwierig. Gesellschaftskritik gemischt mit etwas Utopie macht leider noch lange keinen guten Plot, wie sich hier sehr deutlich zeigt.

Dazu weist der Text stilistische Mängel auf, ob der Übersetzung geschuldet oder im Original schon vorhanden kann ich nicht beurteilen. Mehrmals bin ich über die merkwürdige Satzstruktur und so manchen Rechtschreibfehler gestolpert.

Sehr schade, ich hatte hohe Erwartungen und mich wirklich sehr auf das Buch gefreut. Mein Buch darf weiterziehen und jemand anderen hoffentlich mehr erfreuen.

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