Porträt einer Ehe - Maggie O‘Farrell

Ich habe gerade „Porträt einer Ehe“ von Maggie O‘Farrell gelesen, einen halb fiktiven Roman über die junge Lucrezia aus dem Hause Medici, die 1561 mit nur 16 Jahren auf mysteriöse Art und Weise ums Leben kam, und gleichzeitig ihr autobiografisches Buch „Ich bin, ich bin, ich bin“ gehört, in dem die Autorin siebzehn Begegnungen mit dem Tod schildert. In dem sie ihr rastloses, ungebändigtes Wesen offenbart, das sie von jeher hinauszieht in die Welt, an immer andere Orte, neuen Eindrücken und damit verbundenen Gefahren entgegen, diesen schier unstillbaren Hunger nach Veränderung und dem prallen Leben. Diesen persönlichen Texten wohnt eine sensible Verletzlichkeit inne, ein tiefes Verständnis für den eigenen Charakter und gehören zu den Besten, die ich in den letzten Jahren gelesen habe. Auch O´Farells Romane atmen ebenjene Sehnsucht, vibrieren nur so vor weiblicher Energie und Kraft und innerem Widerstand. Sie erzählen von Mädchen, von jungen Frauen, die es wirklich gab und die unangepasst waren, etwas sperrig, ihrer Zeit entrückt. Die mehr waren, mehr Raum für sich beanspruchen wollten, als ihnen zugestanden wurde, die Geheimnisse hatten, Wünsche und Begehren. Mädchen und Frauen, die vieles mit der Autorin gemein haben, wie ich nun zu verstehen glaube, und so legen sich beide Bücher in meinem Kopf untrennbar übereinander, vermischen sich Roman und Leben, Lucrezia und Maggie; die eine hält die andere, ganz fest und doch unendlich sanft.

„Sich nicht rühren zu können, ist ein zutiefst eigenartiges Gefühl. Kein schweres, wie man vielleicht denken könnte, sondern ein leichtes. Du bewohnst dich selbst, wie du ein Haus bewohnen würdest. Dein Körper ist ein Käfig, in dem du leben musst, so gut es geht. Also flatterst du von einer Wand zur anderen. Das Gerüst ist unbeweglich, aber du, dieser unsichtbare, innere Teil von dir ist es nicht.“ M.

„Sie war orange, poliertes Gold, fleischgewordenes Feuer; sie trug auf ihrem Körper die Gitterstäbe eines Gefängnisses, als wäre sie immer schon zur Gefangenschaft bestimmt, eigens dafür gebrandmarkt worden. Lucrezia und die Tigerin betrachteten einander einen ausgedehnten Augenblick lang; die Hand des Kinds ruhte auf dem Rücken des Tiers, und die Zeit blieb stehen. Lucrezias Welt hörte auf, sich zu drehen. Ihr Leben, ihr Name, ihre Familie, ihre ganze Umgebung wichen zurück und wurden nichtig. Das Einzige, was sie wahrnahm, waren ihr Herz und das der Tigerin, wie sie unter den Rippen pochten, scharlachrotes Blut ansaugten und wieder hinausstieben, hinaus in die Adern.“ L.

Aus dem Englischen von Thomas Bodmer.

Zurück
Zurück

Der Trost der Schönheit - Gabriele von Arnim

Weiter
Weiter

Kleine Kratzer - Jane Campbell