Leuchtfeuer - Dani Shapiro

Ein Vorort New Yorks, die Division Street. Wir sehen gepflegte Rasenflächen, Schaukeln auf den Veranden und Kinderfahrräder auf den Auffahrten. In der Nr. 18 leben Ben und Mimi Wilf mit ihren beiden Kindern und genau hier steht auch eine majestätische Eiche. Seit Jahrhunderten schon wacht sie über alles, sieht Paare zu Familien, umsorgte Kinder zu leichtsinnigen Teenagern, Häuser wieder leer werden. So manches Geheimnis bewahrt er in seiner dicken Rinde, der Zauberbaum, wie die Kinder der Straße ihn seit jeher nennen, und auch die Wilfs haben ein tragisches Ereignis in sein Innerstes gebannt und nie wieder ans Tageslicht geholt. Bis sich in dieser Nacht die Seelen eines einsamen kleinen Jungens und einer alten Dame begegnen, der Kreis sich schließt.

„Leuchtfeuer“ ist wahrhaftig ein Leuchtfeuer des Erzählens, eine bildgewaltige, lebensbejahende Familiengeschichte, wie nur die Amerikaner sie so tiefgründig wie leichtfüßig aufs Papier oder die Leinwand bringen können. Die Autorin Dani Shapiro adaptiert den Roman dieser Tage höchstpersönlich als Serie für das Fernsehen und ich unterstelle ihr ganz frech, dass sie das bereits während des Schreibens wusste. Die in mehreren Zeitebenen und von unterschiedlichen Stimmen erzählte Geschichte eignet sich nämlich ganz hervorragend dafür, und ich bin richtig gerne hineingetaucht, hab mit Waldo die Sterne bewundert und ihren Trost gespürt, die Sicherheit, die ihre bloße Anwesenheit bietet.

Das hier ist das Leben und alles ist irgendwie verbunden. Wir werden geboren und wir sterben und dazwischen lachen wir und weinen, erkennen, dass wir einander so nah und gleichzeitig unfassbar fremd, mit Glück gesegnet und dabei tieftraurig sein können. Dass Kinder von dem Moment an, wo sie den Mutterleib verlassen, eigene Wesen sind, unmöglich zu formen und festzuhalten. Dass Geheimnisse nie geheim bleiben, dass sie wachsen und wuchern und an die Oberfläche drängen. Dass aus den dunkelsten Augenblicken größte Schönheit entwachsen kann.

Aus dem Englischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann.

Zurück
Zurück

Drei Uhr morgens - Gianrico Carofiglio

Weiter
Weiter

Geordnete Verhältnisse - Lana Lux